1200 jobsuchende Frauen starten in handwerklich-technische Ausbildung


  • Veröffentlicht 24.02.2020
  • Bundesland Niederösterreich

2020 rechnet das Arbeitsmarktservice (AMS) NÖ mit einem ungebrochenen Bedarf an Fachkräften. In vielen Wirtschaftsklassen sind Frauen aber weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Das AMS NÖ wird in diesem Jahr 7,5 Millionen Euro in die Ausbildung von jobsuchenden Frauen in handwerklich-technischen Berufen investieren. Um den zukünftigen Fachkräften den Einstieg in beruflichen Männerdomänen näher zu bringen, tourt ab sofort ein eigener Bus durch das Mostviertel sowie durch den niederösterreichischen Zentralraum. Der FiT-Bus („Frauen in Handwerk und Technik“) wurde am 24. Februar von AMS NÖ-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich und dem WKNÖ-Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk, Wolfgang Ecker, seiner Bestimmung übergeben.

Der zum FiT-Bus umfunktionierte ehemalige City-Bus aus St. Pölten wird bei AMS-Geschäftsstellen, Beratungsstellen oder Veranstaltungen, die sich gezielt an Frauen richten, Station zu machen. Das Bus-Innere beherbergt kleine Werkbänke, EDV-Ausstattung, Monitore, eine 3D-Brille und fachkundige Trainerinnen. Also alles, was frau braucht, um für sich zu entdecken, ob der Einstieg in handwerklich-technische Berufe Spaß machen würde.

„Wir möchten klassische Männerberufe Frauen schmackhaft machen. Die niederösterreichische Wirtschaft braucht gut ausgebildete Fachkräfte in handwerklich-technischen Bereichen. Wir werden jobsuchende Frauen ermutigen, neugierig zu sein, ihre Vielseitigkeit auszuloten und an beruflichen, bislang männerdominierten Bereichen teilzuhaben“, erklärt der AMS NÖ-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich.

Pressekonferenz "Frauen in Handwerk und Technik" am 24. Februar 2020 in St. Pölten
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„Frauen in Handwerk und Technik“ (FiT) – ein Erfolgsprogramm des AMS
7,5 Millionen Euro wird das AMS NÖ in diesem Jahr in das Fit-Programm investieren. 1.200 Frauen aus ganz Niederösterreich sollen an insgesamt vier Standorten daran teilnehmen. 310 von ihnen wird eine Lehrausbildung oder höherwertige Ausbildung (FH) ermöglicht. Die Palette der Ausbildungen lässt mit mehr als 200 Lehrberufen fast keine Wünsche offen. Das Schulungsprogramm ist dreistufig aufgebaut und modular aufgebaut. Damit sorgt es für einen maßgeschneiderten Lernfortschritt:

  • Perspektivenerweiterung: Beim Arbeiten in einer Schnupperwerkstatt und mit Beratung durch fachkundige Trainerinnen werden die persönlichen Potenziale ausgelotet und berufliche Ziele im handwerklich-technischen Bereich entwickelt.
  • Basisqualifizierung: Die Teilnehmerinnen werden auf eine konkrete Ausbildung im handwerklich-technischen Bereich vorbereitet. Sie absolvieren ein betriebliches Praktikum oder arbeiten in einer Werkstatt. Ziel ist der Einstieg in eine entsprechende Ausbildung oder direkt in die Berufswelt.
  • Punktgenaue Qualifizierung: Die Teilnehmerinnen finden einen passenden Ausbildungsbetrieb, wo sie innerhalb von 2 Jahren eine Lehre absolvieren. Das AMS sorgt währenddessen für die Existenzsicherung. Der Betrieb finanziert die Ausbildung. Weiters werden in den Ausbildungszentren des AMS NÖ oder Kollegs Frauen zu gefragten Fachkräften ausgebildet. 2018 standen zwei Drittel dieser FiT-Teilnehmerinnen spätestens drei Monate nach Schulungsende im Berufsleben.

Mit FiT zum neuen Beruf – ein Beispiel aus der Praxis:
Andrea Fall ist 44 Jahre alt und alleinerziehende Mutter eines 7-jährigen Sohnes. Diana Andrea Fall beherrscht sieben Sprachen und hat in Ungarn maturiert. Weitere, von ihr im Ausland erworbene Ausbildungen hat sie nicht abgeschlossen bzw. wurden in Österreich nicht anerkannt.

Seit Oktober ist Frau Fall Kundin des AMS Baden und startete im Jänner 2019 mit dem Fit-Programm. Im April 2019 absolvierte sie im Rahmen der Ausbildung erstmals ein Praktikum in der Firma List General Contractor in Bad Erlach, das in eine Lehrausbildung als Tapeziererin und Dekorateurin mündete. Zusätzlich zur Ausbildung bei List GC besucht sie die Berufsschule in Lilienfeld. Das erste Schuljahr hat sie bereits absolviert.

Ungebrochene Nachfrage nach Fachkräften in Niederösterreich
„Die nötigen Fachkräfte zu bekommen, gerade auch im technischen Bereich, ist aktuell die zentrale Herausforderung für unsere Unternehmen“, so WKNÖ-Spartenobmann Wolfgang Ecker. „Das geht so weit, dass fast die Hälfte der NÖ Handwerks- und Gewerbebetriebe durch den Fachkräftemangel bereits über konkrete Geschäftseinschränkungen klagt. Wenn wir mehr Frauen in technische Ausbildungen bringen, ist das also quasi ein Fitness-Programm für beide Seiten: Die Frauen finden interessante, zukunftsträchtige Jobs, unsere Unternehmen dringend benötigte Fachkräfte. Nicht zuletzt auch im breiten Feld der Klimaschutzmaßnahmen gibt es da etwa eine ganze Fülle an Beschäftigungschancen und Tätigkeitsfeldfern – von energetischen Gebäudesanierungen über Photovoltaik und alternative Heizsysteme bis zu Fassaden- und Dachbegrünungen.“

Dass Handwerk in Niederösterreich goldenen Boden hat, und technische Berufe weiter im Vormarsch sind, belegen die Daten des AMS NÖ:

  • Bei 62% der Stellen, die 2019 beim AMS NÖ gemeldet waren, wird im Anforderungsprofil von den Unternehmen „Lehrabschluss oder höher“ verlangt.
  • Derzeit werden beispielsweise mehr StarkstromtechnikerInnen (74 freie Stellen) über das AMS gesucht als arbeitslose Personen aus diesem Bereich beim AMS gemeldet sind (41 Jobsuchende).

Gleichzeitig sind in bestimmten Wirtschaftsklassen Frauen unter den Beschäftigten in Niederösterreich deutlich unterrepräsentiert. Einige Beispiele (Anteil der weiblichen Beschäftigten an allen Beschäftigten):

  • Tief- 6,8%) und Hochbau (9,2%)
  • Maschinenbau (14,1%)
  • Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erde (15,5%)
  • Metallerzeugung und –bearbeitung sowie Energieversorgung (15,7%)

Abgeschlossene Ausbildung als bester Schutz gegen Arbeitslosigkeit
Von der günstigen Arbeitsmarktentwicklung im letzten Jahr konnten Männer weitaus besser profitieren als Frauen.

  • Die Arbeitslosigkeit der Männer ist jahresdurchschnittlich um -5,2% gesunken, die der Frauen um nur -0,9%.
  • Der Beschäftigungszuwachs bei Männern war mit einem Plus von +6.105 fast doppelt so stark wie der der Frauen (+3.320).
  • Die Arbeitslosenquote von Frauen lag 2019 mit 7,6% um 0,3%-Punkte über der der Männer. Frauen, die nur einen Pflichtschulabschluss vorweisen konnten, verzeichneten eine 21,9%-igen Arbeitslosenquote. Jene mit Lehrabschluss lag im Vergleich dazu bei 8,1%. 

Von den Teilnehmerinnen am Fit-Programm hatten im letzten Jahr 38% nur einen Pflichtschulabschluss. Die Mehrheit von ihnen befand sich im Haupterwerbsalter (61%) zwischen 26 und 45 Jahren.

Rückfragehinweis für die Redaktion:
Mag. Martina Fischlmayr, 050 904 300 120 oder 0664/83 50 517

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