AMS NÖ entwickelt Modell für gesicherten Einstieg in Fachkräfteausbildung

Qualifizierung für die Zukunft statt Langzeitarbeitslosigkeit


  • Veröffentlicht 28.10.2025
  • Bundesland Niederösterreich

Wirtschaftsforscher_innen erwarten für 2026 erstmals nach drei Jahren einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit. Die demographische Entwicklung und der Trend zu tertiärer Ausbildung sorgen allerdings sowohl bei der Job- als auch bei der Personalsuche weiter für Herausforderungen. Qualifizierung ist der zentrale Schlüssel für einen gelungenen Arbeitsmarkteinstieg und im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Das Arbeitsmarktservice (AMS) NÖ hat in diesem Jahr bereits für 10.000 Job- und Lehrstellensuchende eine Fachkräfteausbildung gefördert. Um den Einstieg in hochwertige und teure Ausbildungen nachhaltig zu gestalten, wurde ein eigenes Vorbereitungsmodul entwickelt. Wie Angebot und Nachfrage zusammenfinden können, diskutieren bei einem Pressegespräch AMS NÖ-Chefin Sandra Kern, WIFO-Ökonomin Julia Bock-Schappelwein und der Geschäftsführer des Waldviertler Handelsunternehmens Sonnentor, Klaus Doppler.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen steigt, insbesondere im höheren Alter – eine Folge der Angleichung des Pensionsantrittsalters von Männern und Frauen. Gleichzeitig erhöht sich im Alter das Risiko gesundheitlicher Einschränkungen, was die Jobsuche erschwert. Besonders betroffen sind Personen mit niedriger Qualifikation.

Arbeitslosenquote 2024 nach Bildungsabschluss:

  • Pflichtschule 19,9%
  • Lehrabschluss 6,5% (Quote insg.: 6,3%).

Die Nachfrage nach Fachkräften mit Lehrabschluss bleibt hoch. Beim AMS NÖ hat das Angebot an Stellen mit dem Anforderungsprofil „Lehre und mehr“ in den letzten 5 Jahren um 30% zugenommen und sich im Vergleich zu 2004 sogar verdreifacht (freie Stellen mit LAP 2024: 9.300).

PHOTO: v.L. Sandra Kern (AMS NÖ-Landesgeschäftsführerin), Julia Bock-Schappelwein (WIFO-Ökonomin), Victor Ciobanu (Teilnehmer an einer AMS-geförderten Fachkräftequalifizierung), Katarina Wunderlich (Teilnehmerin an einer AMS-geförderten Fachkräftequalifizierung), Klaus Doppler (GF SONNENTOR Kräuterhandels GmbH), Christian Pfeiffer (Teilnehmer an einer AMS-geförderten Fachkräftequalifizierung). (C) photonews.at/Georges Schneider

WIFO-Ökonomin Julia Bock-Schappelwein: „Im Jahr 2024 gab es laut Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger 118.800 unselbständig Beschäftigte im Alter von 55 Jahren und älter in NÖ (d.s. 18,1% aller unselbständig Beschäftigten), die in den nächsten 10 Jahren aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden werden. 2008 waren es 7,8% (44.700). Ältere Arbeitskräfte ab 55 Jahren sind viel stärker als die nachrückenden Alterskohorten auf mittlere Ausbildungsabschlüsse (Lehre, BMS) konzentriert, weshalb in den nächsten Jahren erhebliche Verschiebungen in der Qualifikationszusammensetzung erwartet werden. Eine tendenzielle Verknappung bei Arbeitskräften mit einer mittleren Ausbildung ist daher nicht auszuschließen.“

AMS NÖ hat 2025 für 10.000 Jobsuchende eine hochwertige Ausbildung gefördert
Auch wenn Österreichs Wirtschaft laut jüngsten Prognosen 2026 auf den Wachstumspfad zurückkehren wird und die Zahl der Arbeitslosen in Niederösterreich nach 3 Jahren wieder erstmals sinken könnte (-1%), bleibt die Situation am Arbeitsmarkt angespannt.

Sandra Kern, Landesgeschäftsführerin des AMS NÖ: „Qualifizierung von Personen mit nur Pflichtschulabschluss, von Frauen, der Generation 50 plus, und jungen Menschen bleibt ein zentraler Schlüssel, um Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig zu verhindern. Wir haben heuer bislang 39,6 Millionen Euro in die Hand genommen, um solide Fachkräftequalifizierung für insgesamt 10.000 Job- oder Lehrstellensuchende sicherzustellen. Knapp zwei Drittel der Absolvent_innen unserer Bildungsangebote sind spätestens 3 Monate nach Schulungsende im Erwerbsleben.“

Neues AMS NÖ-Modell für nachhaltigen Schulungseinstieg
Das AMS hat ein eigenes Vorbereitungsmodul für Jobsuchende, die in eine Schulung in einem von vier Ausbildungszentren in NÖ einsteigen möchten, entwickelt. Mit Hilfe dieses Perspektiven- und Vorbereitungsmoduls sollen Abbrüche von hochwertigen und teuren Lehrausbildungen vermieden werden. Die Betroffenen bekommen hier Raum und Zeit (mindestens 4 Wochen), um im Vorfeld einer anspruchsvollen Ausbildung wichtige Entscheidungen zu treffen:

  • Informationen sammeln, um sich ein realistisches Bild zu machen: in Werkstätten mit Werkstoffen praktisch arbeiten, Arbeitsbedingungen (Hitze, Staub, Lärm) kennenlernen, sich über Gehalt, Aufstiegschancen und konkrete Betriebe, die solche Jobs mit dem angestrebten Berufsbild anbieten, informieren.
  • Probeweise Teilnahme den Vorträgen in den Ausbildungszentren
  • Individuelle Basiskenntnisse fördern und gezielt stärken.
  • Sozialpädagogische Begleitung durch ein professionelles Gegenüber, um Erfahrungen und Erkenntnisse zu reflektiert.

Seit Jahresbeginn 2025 wird dieses Vorbereitungsprogramm angeboten. 600 Jobsuchende haben es bisher genutzt. Mehr als die Hälfte von ihnen (319) ist bei der Ausbildung, die sie für sich näher erkundet haben, geblieben. Alle weiteren haben einen anderen Weg – zum Beispiel unmittelbarer Jobeinstieg oder eine andere Ausbildung – gewählt. Auf diese Weise haben die Betroffenen für sich das jeweils Richtige gefunden, und das AMS hat für andere Interessierte wertvolle Ressourcen bewahrt.

Zusammen für mehr Arbeitsmarktchancen in Niederösterreich
Geschäftsführer Klaus Doppler:
„SONNENTOR wirtschaftet ganz im Sinne der Gemeinwohlökonomie. Das bedeutet: neben einem gesunden wirtschaftlichen Wachstum – achten wir auch besonders auf ökologische und soziale Faktoren. Aus diesem Grund möchten wir Menschen, die aus welchen Gründen auch immer arbeitslos geworden sind, die Chance geben wieder im Berufsleben Fuß zu fassen. Unser Ziel ist es diesen Personen durch passende Aufgaben und mögliche Weiterbildungen eine langfristige Perspektive zu eröffnen. Arbeit sehen wir als eine Sinn-Win Situation für beide Seiten und haben hier auch im Bereich Langzeitarbeitslosigkeit sehr positive Erfahrungen gemacht.“

Mit intensiver Vermittlung, zielgerichteter Förderung und guter Abstimmung mit der Wirtschaft konnte in diesem Jahr bereits viel für Jobsuchende in Niederösterreich erreicht werden.

  • Zusammenrücken mit der Wirtschaft, um Bedarfe abzustimmen:
    Das AMS NÖ hat im Herbst Leitbetriebe aus ganz Niederösterreich zu einem Runden Tisch eingeladen, um über die drängendsten Themen am Arbeitsmarkt zu diskutieren, unter anderem den Fachkräftemangel. Eines der Unternehmen, die an diesem Gespräch teilgenommen haben, um Bedarfe abzustimmen und mehr Arbeitsmarktchancen für Jobsuchende zu erarbeiten, ist das Handelsunternehmen Sonnentor im Waldviertel.
  • Fachkräfteausbildungen forcieren:
    Für 10.000 Jobsuchende aus Niederösterreich wurden (bis Ende September) eine Fachkräfteausbildung gefördert. Das sind um 488 mehr Personen als im selben Zeitraum des Vorjahres. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Frauen. Unter den Erwachsenen ist jede/r Zehnte 50 Jahre oder älter.
  • Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erarbeiten:
    Knapp 2.000 Langzeitarbeitslosen ist heuer (bis Ende September) der Wiedereinstieg ins Berufsleben gelungen. 600 von ihnen waren 50 Jahre und älter. Damit liegen die geglückten Arbeitsaufnahmen von Langzeitarbeitslosen um 20% über dem Ergebnis des Vorjahres.

Rückfragehinweis für die Redaktion: AMS NÖ, Martina Fischlmayr, Tel.: 050 904 300-120; mobil: 0664/835 05 17

Diese Seite wurde aktualisiert am: 28. Oktober 2025