AMS Oberösterreich - Arbeitsprogramm 2019

Beschäftigung steigt auf 665.700 Personen - Förderbudget sinkt auf € 161,7 Mio. - Fokus auf Vermittlung, Qualifizierung und Digitalisierung - Mehr frei verfügbare Mittel


  • Veröffentlicht 21.01.2019
  • Bundesland Oberösterreich

Die boomende Konjunktur hinterließ 2018 nachhaltige Spuren auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Sowohl im produzierenden Bereich als auch im Dienstleistungsbereich gingen die Vorgemerktenzahlen spürbar zurück. Die Jugendarbeitslosigkeit reduzierte sich kräftig, auch bei den über 50-Jährigen war ein deutlicher Rückgang feststellbar, die Langzeitarbeitslosigkeit verringerte sich massiv. Im Jahresdurchschnitt waren im abgelaufenen Jahr 35.157 Personen arbeitslos vorgemerkt (-4.516 bzw. -11,4% gegenüber 2017). Die Beschäftigung stieg von 650.100 auf 665.700 Personen an, was ein Plus von 2,4% bedeutet. Mit 5,0% wies Oberösterreich 2018 (nach Tirol) die zweitniedrigste Arbeitslosenquote aller österreichischen Bundesländer auf. Die Quote war damit um 0,8 Prozentpunkte niedriger als vor einem Jahr. Bundesweit betrug die Arbeitslosenquote 7,7% und lag damit um 0,8%-Punkte unter dem Vorjahreswert.

»Die gute Nachricht: Uns stehen mehr freie Budgetmittel zur Verfügung. Die schlechte Nachricht: Wir müssen mit diesen Mitteln Budgetkürzungen in laufenden Programmen kompensieren.« So umreißt Landesgeschäftsführer Gerhard Straßer die Budgetsituation des AMS OÖ für 2019. »Unser Fokus liegt auf Vermittlung und Qualifizierung, die mit einer Digitalisierungsoffensive gekoppelt ist.«

Budget mit einfacher Mehrheit in Kraft

Bei der Sitzung des AMS-Landesdirektoriums am 15. Jänner lehnten AK und ÖGB den Budgetentwurf ab. Mit einfacher Mehrheit – zwei Stimmen von der Landesgeschäftsführung, je eine Stimme von IV und WK – wurde das Förderbudget mit einer Ausgabenermächtigung von € 161,7 Mio. beschlossen. Rechnet man die Effekte der sistierten Beschäftigungsaktion 20.000 heraus, so ergibt sich gegenüber dem Budget 2018 ein Minus von 8%. Ein Shutdown wie beim Budget 2015 konnte allerdings vermieden werden.

Fokus auf Vermittlung, Qualifizierung und Digitalisierung

»Die personalisierte Arbeitsmarktbetreuung – Stichwort: Algorithmus – wird 2019 im AMS getestet und soll insbesondere die Steuerung unserer Dienstleistungen verbessern und vereinfachen und damit Arbeitszeit für Kernaufgaben freimachen«, berichtet Straßer. »Neben der Vermittlung stehen die Qualifizierung und Digitalisierung im Fokus.« In die Kurse des AMS OÖ sind nun EDV-Basisausbildungen integriert. Die Neuausrichtung der Lehrinhalte hat auch Auswirkungen auf die Raumausstattung: Statt stationärer Computerräume werden künftig mobile EDV-Ausstattungen dominieren.

Mehr frei verfügbare Mittel

Prinzipiell positiv ist die Steigerung der frei verfügbaren Budgetmittel von € 75,8 Mio. (2018) auf nunmehr € 85,3 Mio. Allerdings wurden die Gelder für Asyl und Integrationsjahr aus dem Budget genommen und die Mittel für die überbetriebliche Lehrausbildung deutlich gekürzt. »Da wir in diesen Bereichen die Förderungen nicht völlig streichen bzw. im gleichen Ausmaß zurückfahren können, müssen wir hier auf die frei verfügbaren Mittel zugreifen«, so Straßer.

Minus von 150 Euro pro Kopf

Die Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen heuer mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in der Höhe von 1,7% bis 2,0%. »Dieser Anstieg der Wirtschaftsleistung wird auch 2019 einen Rückgang der Arbeitslosigkeit bewirken«, ist sich Straßer sicher. »Wir sind optimistisch, dass die Arbeitslosenquote von aktuell 5,0% auf 4,8% sinken wird. Mit Flexibilität und Kreativität werden wir die Kürzungen im Förderbudget weitgehend kompensieren. Allerdings werden die Fördermittel pro Kopf um etwa € 150 sinken, wenn man von einem Rückgang der von Arbeitslosigkeit Betroffenen um 2.600 Personen ausgeht.«

Mag. Thomas Buchegger

Industriellenvereinigung Oberösterreich, Mitglied des AMS-Landesdirektoriums

Abbau der hohen Sockelarbeitslosigkeit größte Herausforderung für 2019 Für den österreichischen Arbeitsmarkt war das Jahr 2018 ein erfreuliches, es konnte gegenüber dem Vorjahr der stärkste relative Rückgang an arbeitslosen oder in Schulung vorgemerkten Personen seit dem Jahr 2000 verzeichnet werden. Der Rückgang betraf sämtliche Branchen und Bundesländer. Mit 5,0 % wies Oberösterreich nach Tirol (4,9 %) die zweitniedrigste Arbeitslosenquote aller Bundesländer auf. Die Quote war damit um 0,8 Prozentpunkte niedriger als im Jahr zuvor.

Verantwortlich für die erfreulichen Zahlen am Arbeitsmarkt ist zweifellos die boomende Konjunktur. Sowohl im produzierenden Bereich als auch im Dienstleistungsbereich gingen die Vormerkzahlen deutlich zurück. Das Jahr 2018 setzte den Anfang 2017 beginnenden Trend der rückläufigen Arbeitslosigkeit fort, dennoch ist man von den Arbeitslosenzahlen der Vorkrisenjahre immer noch weit entfernt. Die sich eintrübenden Konjunkturaussichten lassen vermuten, dass die Fortsetzung der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt im Jahr 2019 mit größeren Anstrengungen verbunden sein wird, als es in den vergangenen Jahren der Fall war. Trotz Hochkonjunktur ist die Sockelarbeitslosigkeit in Österreich nach wie vor viel zu hoch. Betrachtet man die Arbeitslosigkeit im europäischen Vergleich, so liegt Österreich nur auf Rang elf. Besonders auffällig ist dabei, dass vergleichbare Mitgliedstaaten und vor allem unmittelbare Nachbarländer wesentlich besser platziert sind. Die Anreize zur Jobaufnahme müssen in Österreich noch wesentlich verstärkt werden.

Der Anteil der in Beschäftigung stehenden älteren Arbeitnehmer ist in Österreich zwar deutlich gestiegen, aber im Vergleich zu Deutschland oder Skandinavien immer noch viel zu niedrig. Zudem besteht ein enormes Ost-West-Gefälle bei der Arbeitslosigkeit in Österreich. Das AMS muss seine Effizienz und sein Anreizsystem schärfen und auf die Anforderungen des digitalen Zeitalters reagieren. Österreich muss bei der Arbeitslosenquote wieder zur europäischen Spitze aufschließen. Dazu muss auch Wien einen wesentlichen Beitrag leisten, die Arbeitslosenquote muss kräftig sinken. Wien liegt im Vergleich zu ähnlichen Großstädten in Europa deutlich schlechter.

Fachkräftemangel erfordert effiziente Qualifizierung und Nutzung vorhandener Potenziale

Bei hoher Sockelarbeitslosigkeit leiden die Unternehmen gleichzeitig an einem veritablen, in diesem Ausmaß noch nie dagewesenen Fachkräftemangel, der sich in den kommenden Jahren – schon aufgrund der demographischen Entwicklung – noch weiter verstärken wird. 80 Prozent der Industriebetriebe melden mittlerweile ernsthafte Probleme beim Finden qualifizierter Fachkräfte insbesondere im technischen Bereich und sehen darin die größte und wichtigste Herausforderung, die es in den nächsten Jahren zu bewältigen gilt. Das AMS steht 2019 vor der Herausforderung, das vorhandene Arbeitskräftepotenzial über alle Personengruppen hinweg zu aktivieren und für effiziente, bedarfsgerechte Qualifizierung Sorge zu tragen. Die hohe Sockelarbeitslosigkeit gilt es mit positiven Beschäftigungsanreizen, passgenauer überregionaler Vermittlung und Unterstützung der Unternehmen bei betriebsnaher Qualifizierung sowie bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und Menschen mit Beeinträchtigung zu senken.

Mag. Rudolf Moser (AK OÖ)

Die Kürzungspolitik der Bundesregierung behindert den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit!

Die (noch) gute Konjunktur bietet günstige Rahmenbedingungen, um mit offensiver Arbeitsmarktpolitik die nach wie vor hohe Zahl an Arbeitslosen spürbar zu senken und vor allem auch benachteiligten Gruppen wieder zu einem neuen Arbeitsplatz zu verhelfen. Die Bundesregierung versäumt allerdings diese Chance: Sie kürzt die Mittel für das AMS-Förderbudget, diffamiert Arbeitslose als Sozialschmarotzer und unterstellt ihnen pauschal Arbeitsunwilligkeit. AK und ÖGB haben versucht, der Regierung und insbesondere den für das AMS zuständigen Ministerien bessere Alternativen zu diesem arbeitsmarktpolitischen Irrweg aufzuzeigen. Das hat dazu geführt, dass die radikalen Einschnitte etwas weniger drastisch ausgefallen sind als ursprünglich geplant. Für uns wäre es dennoch verantwortungslos, diesen falschen Kurs und die Kürzungen mitzutragen. Daher haben wir im oö. AMS-Landesdirektorium das Budget samt Arbeitsprogramm abgelehnt.

Erfolgsmodell der überbetrieblichen Lehrausbildung wird zerstört

Obwohl allen Akteuren/-innen in der Arbeitsmarktpolitik bewusst ist, wie wichtig eine solide berufliche Erstausbildung für Jugendliche ist, will die Bundesregierung das überbetriebliche Auffangnetz beseitigen, das benachteiligten Jugendlichen nach erfolgloser Lehrstellensuche einen erfolgversprechenden Start ins Berufsleben ermöglicht. 2019 erhält Oberösterreich um 40 Prozent weniger Geld für dieses Auffangnetz. Damit raubt die Regierung Jugendlichen, denen der Berufseinstieg schwer fällt, die Chance auf eine solide Ausbildung.

Qualifizierung als Antwort auf Digitalisierung und Fachkräftemangel

Nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei anderen Arbeitslosen ist eine Verbesserung der Qualifikation der effektivste und nachhaltigste Ansatz für die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes. Es ist grotesk, wenn Regierungsvertreter und Unternehmer lauthals einen Mangel an Fachkräften beklagen, aber gleichzeitig die Mittel für Qualifizierungen kürzen und erfolgreiche Weiterbildungsmodelle wie das Fachkräftestipendium torpedieren. Wir müssen mehr Geld in die Erwachsenenbildung investieren, wenn wir die Herausforderungen der Digitalisierung meistern wollen.

Integration von Asylberechtigten statt Gastarbeitermodell

Die Streichung sämtlicher Mittel für die Arbeitsmarktintegration von Asylberechtigten und Asylwerbern ist ein völlig untauglicher Ansatz im Umgang mit diesen Menschen. Denn auch Österreich kann davon profitieren, wenn die Motivation, Talente und Interessen dieser schon in Österreich lebenden Zielgruppe genutzt und gefördert werden. Stattdessen holt die Regierung erneut das untaugliche Gastarbeitermodell aus der Mottenkiste der Ausländerbeschäftigungspolitik wieder hervor. Wir erwarten von der Bundesregierung, mit der pauschalen Verunglimpfung von Arbeitslosen, Asylberechtigten, Beziehern/-innen von Mindestsicherung und anderen benachteiligten Gruppen sofort aufzuhören und stattdessen gemeinsam mit den Sozialpartnern und Experten/-innen (etwa aus NGOs) konstruktiv an tragfähigen und praxistauglichen Lösungen zu arbeiten.

Diese Seite wurde aktualisiert am: 11. März 2020