Jetzt die Lehrausbildung nicht vernachlässigen
Ende Mai ist durch die Auswirkungen der Corona-Krise die Zahl der Arbeitslosen in Salzburg genau auf dem doppelten Stand wie vor einem Jahr. Während es viele neue Lehrstellensuchende gibt, nimmt die Zahl der offenen Lehrstellen ab.
Mit 25.657 arbeitslos Vorgemerkten endete der Mai im Bundesland Salzburg. Das ist im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres ein Zuwachs um genau 100,1 Prozent und damit eine Verdoppelung (Österreich: +69,7%). Im April brachte der Vormonatsvergleich einen Zuwachs von 101,8 Prozent. „Die schrittweisen Lockerungen der Corona-Einschränkungen sind also, wie erwartet, noch nicht wirklich auf dem Arbeitsmarkt angekommen“, so die Landesgeschäftsführerin des Arbeitsmarktservice Salzburg, Jacqueline Beyer.
Die Schulungsteilnahmen sind um 41,4 Prozent auf 1.462 gesunken. Diese eingeschlossen, waren 27.119 Personen ohne Beschäftigung. Ein Plus von 77,0 Prozent.
Unter den Bedingungen einer vorab geschätzten – exakte Zahlen liegen erst zur Monatsmitte vor – deutlichen Abnahme der unselbständigen Beschäftigung um 4,6 Prozent würde die Arbeitslosenquote 9,5 Prozent betragen (Österreich: 11,5%, jeweils nationale Berechnungsmethode).
Tourismuswirtschaft bleibt hauptbetroffen
Unter der Covid-19-Krise leidet die Tourismuswirtschaft weiterhin am stärksten. So liegt die Arbeitslosigkeit mit einem Zuwachs von 145,9 Prozent oder 5.653 Personen auf 9.528 Betroffene weiterhin an der Spitze der Negativstatistik. Ebenfalls über dem Schnitt der Gesamtarbeitslosigkeit liegt der Arbeitslosenanstieg im Baugewerbe mit einem Plus von 122,6 Prozent auf allerdings absolut „nur“ 993 Vorgemerkte. In absoluten Zahlen deutlich stärker zugenommen hat die Arbeitslosigkeit im Handel mit plus 1.644 Personen (+88,5%) auf 3.502 Arbeitslose. Deutliche Spuren hat Corona auch in der Gebäudebetreuung (Reinigungsdienste) mit plus 113,2 Prozent auf 1.117 Vorgemerkte und in der Arbeitskräfteüberlassung mit plus 81,9 Prozent auf 1.524 Arbeitslose hinterlassen.
Die Zahl der dem AMS zur Besetzung gemeldeten offenen Stellen ist um minus 36,6 Prozent auf 4.522 gesunken.
Frauen hat die steigende Arbeitslosigkeit mit plus 102,2 Prozent auf 13.034 Vorgemerkte stärker getroffen als Männer, die ein Plus von 97,9 Prozent auf 12.623 Arbeitslose verzeichneten.
Während in der Corona-Krise besonders jüngere Arbeitskräfte ihren Job verloren haben (+122,6% auf 3.638 Personen), war der Zuwachs in der Altersgruppe ab 50 Jahre nur etwa halb so stark bei allerdings fast doppelt so vielen Betroffenen (+64,4% auf 6.826 Personen). Mit Sorge registriert man beim AMS Salzburg auch den Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit um 11,5 Prozent auf 1.276 Betroffene.
Die Unterschiede der Zuwächse in der Regionalstatistik haben sich mittlerweile wieder einigermaßen eingeebnet. An der Spitze liegt zwar mit dem Pinzgau (+112,4%) weiterhin eine Tourismusregion, allerdings folgt mit plus 106,5 Prozent der Flachgau, sowie mit plus 98,2 Prozent die Landeshauptstadt. Auch diese beiden Regionen sind von der Arbeitslosigkeit in der Gastronomie am stärksten betroffen. Im Pongau ist die Arbeitslosigkeit um 93,6 Prozent, im Tennengau um 92,2 Prozent gestiegen. Den schwächsten Zuwachs verzeichnete der Lungau mit plus 72,4 Prozent.
Mehr Lehrstellensuchende, weniger offene Lehrstellen
Viele Jugendliche stehen vor dem Abschluss der Schulpflicht und sind auf dem Sprung in eine Berufsausbildung. Bisher waren sie in einer komfortablen Lage. Salzburg war seit langen Jahren eines der wenigen Bundesländer, das einen Lehrstellenüberhang aufzuweisen hatte. Zwei bis drei offene Lehrstellen entfielen rechnerisch auf eine Person auf Lehrstellensuche. Sogar wenn man das sehr stark vertretene Angebot an Hotel- und Gastgewerbelehrstellen herausrechnete, blieben zuletzt etwa eineinhalb Lehrstellenangebote für jede/n Jugendliche/n übrig. Die Situation ist heute aber eine andere.
Ende Mai waren beim Arbeitsmarktservice Salzburg 457 Personen zum sofortigen bzw. 141 Personen zum späteren Antritt einer Lehre verfügbar gemeldet. Das ist insgesamt eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 33,2 Prozent bzw. 149 auf 598 Lehrstellensuchende. „Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass im Zeichen von Corona viele Lehrbetriebe davor zurückgeschreckt sind, in der Krise neue Lehrlinge aufzunehmen und daher zahlreiche Jugendliche, die eigentlich bereits eine Lehrstelle hatten, nun neuerlich auf der Suche sind“, erklärt AMS-Chefin Jacqueline Beyer den starken Zuwachs.
Zur gleichen Zeit sind dem AMS Salzburg 595 sofort verfügbare offene Lehrstellen gemeldet, ein kräftiges Minus von 29,2 Prozent, sowie 979 nicht sofort verfügbare offene Lehrstellen. Hier war der Rückgang mit minus 4,1 Prozent weniger stark. Insgesamt ist damit das Lehrstellenangebot um minus 15,4 Prozent deutlich gesunken.
Im Hotel- und Gastgewerbe sind die meisten Lehrstellen verlorengegangen. Ihre Zahl ist von 375 auf 202 bzw. um minus 46,1 Prozent gesunken. Das produzierende Gewerbe verzeichnet ein Minus von 119 auf 73 offene Lehrstellen, das ist ein Minus von 38,7 Prozent. Spürbar verringert hat sich auch das Angebot im Handel, wo die Zahl der offenen Lehrstellen von 136 auf 113 (-16,9%) gesunken ist.
Diese Daten werden auch von den Ergebnissen einer Umfrage des „market-Instituts“ gestützt (Die Auswirkungen von Covid19 auf die Lehre - Ergebnisse einer Repräsentativbefragung bei Lehrbetrieben in Österreich), nach der 24 Prozent der Unternehmen bestätigen, dass die Covid-19-Krise Auswirkungen auf die Lehrlingseinstellung habe. Im Tourismus sind es sogar 48 Prozent, im Handel 33 Prozent, in Handwerk und Gewerbe 22 Prozent. Diese Lehrbetriebe beabsichtigen, im Schnitt 1,5 Lehrlinge weniger als ursprünglich geplant einzustellen. 39 Prozent der Lehrbetriebe wollen im nächsten Lehrjahr gar keine Lehrlinge einstellen. Das grundsätzliche Bekenntnis zur Lehrausbildung bleibt aber bestehen: 97 Prozent bezeichnen die Lehrausbildung als sehr wichtig (75%) oder wichtig (22%).
Appell an Unternehmen
2019 konnte ein Jugendlicher unter 2,6 offenen Lehrstellen wählen, im Tourismus sogar unter mehr 16. „Viele Betriebe sagen heute, dass es ein Fehler war, in der Krise 2009 die Lehrlingsausbildung zu reduzieren. Der Fachkräftemangel war dadurch vorprogrammiert. Jetzt wäre es eine gute Investition, die Erfahrungen aus der Krise 2009 zu übernehmen,“ appelliert AMS-Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer an die Unternehmen, auch in der Krise die Lehrlingsausbildung nicht zu vernachlässigen: „Es werden auch wieder bessere Zeiten kommen. Und dann ist es wichtig, über jene Fachkräfte zu verfügen, deren Fehlen noch vor wenigen Wochen bitter beklagt wurde. Der von der Regierung angekündigte Lehrlingsbonus für Einstellungen zwischen 16. März und 31. Oktober sollte ein zusätzlicher Anreiz sein.“ Die AMS-Expertin bleibt aber optimistisch: „Wir verzeichnen auch jetzt immer noch einen Überhang an offenen Lehrstellen. Sollte es bei Einzelnen nicht auf Anhieb mit einer Lehrstelle klappen, muss doch niemand ohne Perspektive bleiben, denn es gibt seitens des AMS Salzburg ein dichtes Netz an Beratung, Förderung und Unterstützung für betriebliche, aber auch überbetriebliche Lehrausbildungen.“
Diese Seite wurde aktualisiert am: 02. Juni 2020