Dynamik trotz Krise am Arbeitsmarkt
Auch 2022 wird ein herausforderndes Jahr für den Salzburger Arbeitsmarkt. Im Rückblick über das Jahr 2021 und Ausblick für heuer berichten Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Arbeitsmarktservice gemeinsam über Maßnahmen, damit das Personal nicht ausgeht, die bevorstehende Arbeitsmarktreform, die Bedeutung der Lehrlingsausbildung und die zusätzlichen Qualifizierungen für Arbeitskräfte.
Das Jahr 2021 war nicht nur von der Corona-Pandemie geprägt, sondern auch von einer starken Nachfrage nach Arbeitskräften. „Inmitten der größten Krise seit Jahrzehnten hat die heimische Wirtschaft ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. In vielen Unternehmen werden Beschäftigte gesucht. Das AMS hat deswegen seine Kräfte im Bereich der Fachkräfteausbildung noch einmal verstärkt. Die Arbeitslosenzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr stark zurückgegangen. Auch die AMS-Programme gegen die Langzeitarbeitslosigkeit zeigen deutlich Wirkung“, fasst Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer die Arbeitsmarktsituation zusammen. Sie rechnet damit, dass Ende 2022 die Arbeitslosenquote wieder Vorkrisenniveau erreicht haben wird.
Die Arbeitslosigkeit im Bundesland Salzburg ist 2021 im Vergleich zum Jahr davor um 24,7 Prozent zurückgegangen, das ist im Bundesländervergleich die größte Abnahme. 15.130 Menschen waren im Jahresschnitt arbeitslos gemeldet, das waren um 2.436 mehr (+19,2%) als vor der Krise 2019. Die Arbeitslosenquote betrug im Schnitt 5,6 Prozent (-2,5%), damit belegt Salzburg hinter Oberösterreich den 2. Platz. Österreichweit lag die Quote bei 8,0 Prozent.
Langzeitarbeitslose und Ältere profitieren am wenigsten vom Aufschwung
Die Zunahme der Langzeitarbeitslosigkeit hat sich 2021 verlangsamt. In den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres ist sie sogar zurückgegangen. 1.946 Menschen sind länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet, um 575 mehr als 2020 (+41,9 Prozent). Über das bewährte Modell der Eingliederungsbeihilfe, bei der langzeitarbeitslose Menschen gezielt beraten und gefördert werden, konnten im vergangenen Jahr 2.900 Personen wieder am Arbeitsmarkt Fuß fassen. Auch 2022 wird ein besonderer Schwerpunkt zur intensiven Unterstützung dieser Personen gelegt. „Ein Drittel der langzeitarbeitslosen Personen sind über 50 Jahre alt. Hier braucht es eine besondere Unterstützung von Seiten des AMS, aber auch die Bereitschaft der Betriebe, den Recruiting-Horizont zu erweitern.“
Betriebe bieten viele offene Lehrstellen an
Die Zahl der offenen Lehrstellen hat sich gegenüber 2019 um fast 21 Prozent erhöht. 1.075 Stellen wurden im vergangenen Jahr angeboten, ein Plus von 251 (60 %) gegenüber 2020. Im Jahr davor war noch ein leichter Rückgang verzeichnet worden. „Die Betriebe haben die Wichtigkeit der Lehrausbildung auch in herausfordernden Zeiten erkannt, das zeigt die Steigerung bei den offenen Stellen. Ein Jugendlicher kann in Salzburg aus beinahe vier offenen Lehrstellen wählen, wenn man den Tourismusbereich ausklammert, sind es immer noch 2,6 offene Stellen“, so Beyer. Jugendliche in Wien haben keine so gute Perspektive: Sie können nur aus 0,16 offenen Lehrstellen wählen.
Die Berufsorientierung durch die Berufsinfozentren des AMS ist dabei ein wichtiger Wegweiser für Jugendliche. Im vergangenen Jahr wurden hier einige neue Wege beschritten: Die AMS-Lehrstellenchallenge, die Berufsorientierung im Freien und Online-Beratungsformate für Schüler_innen, Jugendliche und Eltern wurden von den künftigen Fachkräften sehr gut angenommen.
Dass dennoch zahlreiche offene Lehrstellen nicht besetzt werden können, stellt das AMS vor große Herausforderungen. Die Forcierung der Erwachsenenlehre war deswegen ein wichtiger Bestandteil bei den 4.500 Betriebskontakten im vergangenen Jahr.
Das AMS hat 2021 die Fachkräfteausbildung intensiv vorangetrieben. Denn 41 Prozent aller arbeitslosen Menschen verfügen lediglich über einen Pflichtschulabschluss. Nach wie vor gilt: je höher die Ausbildung, desto niedriger die Arbeitslosenquote. 230 Personen wurden in die arbeitsplatznahe Qualifizierung (Programm AQUA) aufgenommen. „Hier sehen wir auch die hohe Dynamik am Arbeitsmarkt, denn der leichte Rückgang bei den AQUA-Zahlen ist darauf zurückzuführen, dass Menschen wegen des Aufschwungs direkt in ein Arbeitsverhältnis gewechselt sind. Und 336 Personen haben im Vorjahr im Zuge des Programms „18+“ eine Erwachsenenlehre begonnen, deutlich mehr als im Bundesländerschnitt von rund 230 Eintritten. Auch 2022 werden alle Kräfte seitens AMS gebündelt, damit so viele Menschen wie möglich von der Hilfskraft zur Fachkraft werden können“, erläutert Beyer.
Offene Stellen
Salzburg war eines der ersten Bundesländer bei dem sich der Arbeitsmarkt so schnell erholt hat. Auch auf dem Stellenmarkt gibt es eine hohe Dynamik, das betrifft nicht nur Lehrlinge, sondern den gesamten Arbeitsmarkt. 8.049 offene Stellen wurden 2021 verzeichnet, ein Plus von 21 Prozent gegenüber 2019. Die Top 3 Branchen sind „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“, (Gebäudereinigung, Hausmeisterdienste, Arbeitskräfteüberlasser u.ä.), „Beherbergung und Gastronomie“ sowie der Handel, der sich, außer im Ausnahmejahr 2020, sehr stabil entwickelt hat.
Kurzarbeit
Die rasche und gute Entwicklung am Arbeitsmarkt hat auch unmittelbar mit dem Erfolgsmodell der Kurzarbeit zu tun. Seit Beginn der KUA-Phase V, dem 1. Juli 2021, waren bzw. sind 3.000 Betriebe in Salzburg in Kurzarbeit, mit insgesamt 15.743 Personen. Hauptbetroffen sind jene Branchen, die auch im Lockdown waren, nämlich der Tourismus und der Handel. Damit zeigt sich auch in dieser Kurzarbeitsphase, wie wichtig dieses Instrument ist, weil sonst über 15.000 Personen mehr arbeitslos geworden wären. Zudem ist es ein Signal der Betriebe an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, diese längerfristig halten und an sich binden zu wollen. Seit Beginn der Corona-Pandemie haben 9.700 Betriebe in Salzburg die Kurzarbeit in Anspruch genommen. Über diesen Zeitraum waren 103.000 Personen in der Kurzarbeit. 770 Millionen Euro wurden über das AMS seit Beginn der Krise ausgezahlt.
Saisonstarthilfe
Beim jüngsten Lockdown im November 2021 wurde für die heimischen Betriebe die Saisonstarthilfe entwickelt. Saisonbetriebe konnten so trotz Lockdown ihre Mitarbeiter_innen einstellen und damit das Personal halten. Bislang wurden 6.300 Anträge gestellt, da die Frist aber noch bis 31. Jänner läuft und normalerweise die meisten Anträge gegen Ende der Frist einlangen, rechnet das AMS mit bis zu 10.000 Anträgen. Doch schon jetzt ist klar, dass auch diese Förderung weitere Arbeitslosigkeit verhindert hat. Denn trotz Lockdown ist die Zahl der arbeitslosen Personen in diesem Zeitraum kaum gestiegen.
Tourismus
Die zahlreichen offenen Stellen im Tourismus zu besetzen, wird immer schwieriger. Branchenvertreter sprechen davon, dass rund 30 Prozent der Beschäftigten aufgrund der Unsicherheiten den Tourismus verlassen haben. Darum wird das AMS auch 2022 die überregionale Vermittlung mit Wien stark einsetzen. Bewährte Modelle wie Übungshotels für den Tourismus werden fortgeführt und auch ein Ausbau ist bereits angedacht. Dazu kommen Jobbörsen in St. Pölten und Wien. International wird das AMS Salzburg im Rahmen der EURES mit 14 europäischen Staaten kooperieren, von Skandinavien bis Spanien und Griechenland. „Die Vermittlung von Fachkräften aus ganz Europa nach Salzburg soll Saisonarbeitskräfte, ganzjährige Fachkräfte und Praktikantinnen und Praktikanten den Weg ins Bundesland Salzburg ebnen. Neben der Qualifizierung heimischer Arbeitskräfte erfolgt damit ein zusätzlicher Schub für die Fachkräfteoffensive in unserem Bundesland“, so Beyer.
Fachkräftemangel nicht hinnehmen: Wirtschaft wartet auf Arbeitsmarktreform
„Vor einem Jahr haben wir noch eine Rekordarbeitslosigkeit verzeichnet, ein Jahr später freuen wir uns in Salzburg phasenweise über Vollbeschäftigung und niedrigste Arbeitslosenraten. Das grundlegende Problem ist aber geblieben: der eklatante Bedarf an Fach- und Arbeitskräften!“, erklärt WKS-Präsident Peter Buchmüller im gemeinsamen Pressegespräch von AMS, WKS und AK zur Arbeitsmarktlage 2021.
80 Prozent der Betriebe in Salzburg geben laut WKÖ-Wirtschaftsbarometer an, dass das Problem fehlender Arbeitskräfte derzeit die größte Herausforderung darstellt, noch vor Schwierigkeiten in den Lieferketten und Belastungen aufgrund der hohen Energiepreise. „Die Wirtschaft bietet so viele offene Stellen an wie noch nie. Ende Dezember waren beim AMS 11.545 offene Stellen vermerkt, um 219 Prozent mehr als Dezember 2020 und sogar um 77 Prozent mehr als im Hochkonjunkturjahr 2019. Das Problem der mangelnden Arbeitskräfte wird langsam aber sicher zur Wachstumsbremse“, warnt Peter Buchmüller.
Können neue, zusätzliche Stellen nicht besetzt werden, wächst sich der Mangel auch zum Wettbewerbsnachteil der Betriebe gegenüber Mitkonkurrenten in anderen Ländern aus. Der Fachkräftemangel darf deshalb nicht einfach hingenommen werden, warnt Buchmüller: „Die Arbeitskräfteproblematik gefährdet die Dynamik in der Wirtschaft und damit mittelfristig das Wohlstandsniveau. Wir müssen dieses grundlegende Strukturproblem in den Griff bekommen!“
Mehrfach angekündigte Arbeitsmarktreform finalisieren
Vor diesem
Hintergrund fordert der Salzburger Wirtschaftskammerpräsident einmal mehr eine
umfassende Reform der Arbeitslosenversicherung. „Die von Arbeitsminister Kocher
für das erste Halbjahr angekündigte Reform muss jetzt angegangen werden. Auch
wenn die Materie heikel ist, löst sie sich nicht durch wiederholte
Ankündigungen, sondern nur durch konkrete Maßnahmen.“ Generell muss es jetzt
darum gehen, die Arbeit zu fördern und nicht die Arbeitslosigkeit. Es müssen
verstärkt Anreize und Unterstützung zur Beschäftigungsaufnahme gesetzt werden.
Konkret fordert die Wirtschaftskammer Salzburg erneut folgende Maßnahmen:
- Eine degressive Staffelung des Arbeitslosengeldes mit einer aufkommensneutralen Erhöhung in den ersten drei Monaten und einer Absenkung nach dem dritten und dem sechsten Monat. Arbeitsminister Kocher kündigt hier ein differenziertes Modell an. „Wir erwarten seine Vorschläge“, erklärt Buchmüller.
- Die Möglichkeit der geringfügigen Beschäftigung neben dem Bezug an
Arbeitslosenunterstützung sollte zumindest eingeschränkt werden. Sie hat sich als vermittlungshemmend erwiesen und verfestigt den Verbleib in der
Arbeitslosigkeit.
Als weitere Maßnahme gegen den Fachkräftemangel ist nach Ansicht der WK Salzburg auch eine Neuordnung im Bereich der qualifizierten Zuwanderung nötig. Hier braucht es eine längst überfällige Reform der Rot-Weiß-Rot-Card.
Sozialpartner haben wichtige Initiative für die Qualifizierung verstärkt
2020 haben darüber hinaus AMS, AK, WKS und das Technische Ausbildungszentrum Mitterberghütten (TAZ) die Höherqualifizierung von Arbeitslosen gestartet. „Wir haben damit das Angebot der arbeitsplatznahen Qualifizierung – kurz AQUA – verbreitert. Wir können damit eine weitere Höherqualifizierung im stark nachgefragten Bereich Technik bzw. dem Elektro- und Metallsektor anbieten. Die AQUA-Ausbildung ist noch dazu besonders praxisnah gestaltet und findet in den
Unternehmen statt, die so einen direkten Zugang zu den späteren Fachkräften bekommen“, hebt Buchmüller die Vorteile hervor.
Die WKS erachtet – neben Anreizen, eine Beschäftigung aufzunehmen – die betriebsnahe Qualifizierung als eine zentrale Strategie, mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung zu bringen.
Betriebliche Kinderbetreuung hilft Frauen, Familie und Betrieb
Mit einer besseren Kinderbetreuung könnten immer mehr Frauen ins Erwerbsleben eintreten oder auch ganztags arbeiten, wenn sie wollen. Auch das stellt eine Teilstrategie gegen den Mangel an Arbeitskräften und zur Bewältigung des demografischen Wandels dar.
Hier haben die Sozialpartner AK und WKS mit der Beratungsstelle „Betriebliche Kinderbetreuung“ vor gut einem Jahr ein Projekt gestartet. Die Beratungsstelle berät Betriebe, Betriebsräte und Beschäftigte beim Aufbau von betrieblichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten und das kostenlos.
Das neue Beratungsangebot wird sehr gut angenommen. Es haben sich bereits zahlreiche Firmen gemeldet, die Interesse an entsprechenden Angeboten für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Ein Salzburger Vorzeigebetrieb, die has.to.be gmbh in Radstadt, hat nach eingehenden Beratungen bereits einen betrieblichen Kindergarten installiert. Weitere Betriebe werden heuer folgen. „Wir brauchen generell mehr für Beschäftigte, auch praktikable Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Das würde allen helfen, den Eltern und den Betrieben“, tritt Buchmüller für neue Wege ein.
Erfreuliche Bilanz: Lehre zieht wieder an
„Die duale Ausbildung hat sich als krisenfest erwiesen“, betont der Salzburger WK-Präsident. Besonders erfreulich: Mit einem Plus von 4 Prozent bei den Lehranfängern setzte Salzburg im Vorjahr den Lehrlingszuwachs wieder fort, der durch die Corona-Pandemie 2020 unterbrochen wurde. 2.308 junge Leute haben im Vorjahr eine Lehrausbildung aufgenommen. Der Zuwachs von 4 Prozent liegt dabei
über dem österreichischen Durchschnitt: Österreichweit starteten im Vorjahr 33.189 Lehrlinge ihre Ausbildung, um 3,8 Prozent mehr als 2020.
Die Gesamtzahl der Lehrlinge ist 2021 in Salzburg von 8.344 auf 8.149
zurückgegangen, ein Effekt des Corona-Tiefs, das vor allem die Lehrausbildung im Tourismus getroffen hat. Dieses Minus wird aber heuer wieder zusehends kleiner. Denn die Zahl der Lehranfänger ist 2021 auch in Tourismus und Freizeitwirtschaft gestiegen – und das mit 17,4 Prozent (Österreich +10,3%) überdurchschnittlich hoch. In fast allen Sparten der Salzburger Wirtschaft legte die Zahl der Lehranfänger mit zum Teil zweistelligen Zuwachsraten zu.
Zwar hat die Zahl der Lehrbetriebe auf 2.555 (-1,35%) leicht abgenommen, gezählt werden in dieser Statistik aber Betriebe, die aktuell ausbilden. Viele Betriebe wollen, aber können gar nicht ausbilden, weil sie derzeit keine Lehrlinge finden. Dies beweist auch die Zahl der offenen Stellen: Ende Dezember sind beim AMS in Salzburg laut Aussendung des AMS 1.210 Lehrstellen gemeldet gewesen, gegenüber Dezember 2020 ein Plus von 101,7 Prozent, und auch gegenüber 2019 noch ein Plus von 80 Prozent. Diesem Angebot standen Ende des Jahres 306 Lehrstellensuchende gegenüber.
Auf das Gesamtjahr bezogen, hat sich die Zahl der offenen Lehrstellen gegenüber 2019 um fast 21 Prozent erhöht. 1.075 Stellen wurden im vergangenen Jahr angeboten, ein Plus von 251 (60%) gegenüber 2020.
„Die sinkende Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft ist eine Mär. Schuldzuweisungen sind unangebracht – wir alle müssen zusammenarbeiten, um die duale Ausbildung weiter zu stärken. Wir waren vor Corona schon auf einem guten Weg, wir sollen auch nach Corona wieder alle Kraft auf die Sicherung der Lehrlingsausbildung richten.“ WKS-Präsident Buchmüller bedankte sich in diesem Zusammenhang bei
AMS-Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer für ihre Bemühungen, etwa in der Erwachsenenlehre und für Initiativen wie die Lehrlings-Challenge 2021.
Arbeitskräfte sind da, Potenzial muss nur gehoben werden
Die Corona-Pandemie scheint vorerst beendet – zumindest was die Arbeitslosenzahlen betrifft. Nach dem explosionsartigen Anstieg der Arbeitslosigkeit nach Ausbruch der Pandemie im März 2020, war die Zahl der Arbeitslosen mit Dezember 2021 auf dem Niveau des Vergleichsmonats 2019. Weiterhin besorgniserregend ist hingegen die Verfestigung der Arbeitslosigkeit. Im Dezember 2021 waren 2.588 Personen bzw. 20,7 aller Arbeitslosen langzeitbeschäftigungslos. „Wenn die Arbeitgeber von fehlenden Arbeitskräften sprechen, suggeriert dies das falsche Bild. Das Potenzial ist da, es muss nur gehoben werden. Das Wichtigste wird sein, dass die Firmen auch jenen eine Chance geben, die die Vorstellungen nicht zu 100 Prozent erfüllen“, erklärt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder.
Tourismus, Pflege, Elementarpädagogik – es gibt kaum eine Branche, die aktuell nicht nach Arbeitskräften sucht. Ein großer Teil des ungedeckten Bedarfs ist aus Sicht der Arbeiterkammer hausgemacht. So gelingt es nicht, das Potenzial unter den Langzeitbeschäftigungslosen zu heben. Ein Blick in die demografischen Daten verrät: 43,9% sind Frauen, 42,9% haben
Migrationshintergrund, 56,1% haben gesundheitliche Probleme, 50,7% sind älter als 50 Jahre und 44% haben maximal einen Pflichtschulabschluss.
Erwartungen können nicht immer zu 100 Prozent erfüllt werden
„Wenn Arbeitgeber lediglich bereit sind, einen Mann zwischen 25 und 50 Jahren ohne Migrationshintergrund mit mindestens Lehrabschluss einzustellen, dann bleiben von 2.588 Arbeitssuchenden nur 216 Personen übrig. Hier muss es zu einem Umdenken bei den Firmenchefs kommen“, bringt es AK-Präsident Eder auf den Punkt. Er ist sich sicher: „Mehr Druck auf Arbeitslose durch strengere Zumutbarkeitsbestimmungen bringt nichts, solange die Arbeitgeber nicht von ihrer Idealvorstellung einer Arbeitskraft abgehen.“
Unternehmen müssen auch selbst qualifizieren
Vielmehr sieht er die Unternehmen in der Pflicht, verstärkt in Qualifizierungsmaßnahmen zu investieren. Immerhin sind in Salzburg aktuell 2000 junge Menschen unter 30 Jahren, die lediglich Pflichtschulabschluss haben, auf Arbeitssuche. „Das ist ein enormes Arbeitskräftepotenzial, das sofort abrufbar ist. Einzige Bedingung ist, dass die Betriebe aus eigenem Antrieb verstärkt in die Ausbildung investieren.“
Lehre: Weiterhin positive Anreize setzen
Ähnlich sieht es in Sachen Lehrlingsausbildung aus, wo die Zahl der Ausbildungsbetriebe allein zwischen 2009 und 2019 um ein Viertel gesunken ist. Auch wenn die Anzahl der Lehranfänger jüngst gestiegen ist, hat dies von 2009 bis 2019 zu einem Rückgang um 17,2 Prozent geführt.
Auffallend dabei ist, dass nicht alle Branchen gleich betroffen sind. Während beispielsweise annähernd gleich viele Lehrlinge eine Ausbildung zum Elektriker/zur Elektrikerin machen, entscheiden sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung in der Gastronomie. „Hier braucht es positive Anreize in jenen Branchen, die keinen Nachwuchs finden. Seit Jahren fordern wir beispielsweise in der Gastronomie höhere Einkommen und planbare Arbeitszeiten. „Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen und Anreize für heimisches Personal und Schlüsselkräfte, anstatt jährlich über höhere Saisonkontingente zu diskutieren“, sagt Eder.
Angesichts des seit Jahren anhaltenden Personalmangels in Tourismus und Gastronomie sieht der AK-Präsident zudem die Realisierung weiterer Hotel-Neubauprojekte im Bundesland durchaus kritisch. „Braucht unser Bundesland wirklich noch mehr Betten, die keiner überziehen will?“, fragt sich Eder. „Ein immer stärker wachsender Tourismus führt zu höheren Preisen in der Gastronomie, im Handel und in manchen Regionen zu extrem hohen Wohnpreisen. Hier muss über eine Limitierung der Bettenkapazitäten nachgedacht werden.“
Maßnahmen, damit das Personal nicht ausgeht
Im öffentlichen Diskurs wird zudem immer wieder zur Sprache gebracht, dass das Personal fehlt, weil die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter schrumpft. So hat eine Berechnung der Salzburger Landesstatistik ergeben, dass die Zahl der 19- bis 65-Jährigen zwischen 2020 bis ins Jahr 2030 von 342.663 Personen um 15.758 auf 326.905 Personen sinkt.
Diese Lücke kann geschlossen werden …
… wenn es teilzeitbeschäftigten Frauen ermöglicht wird, 5 Stunden in der Woche aufzustocken, z. B. mittels eines besseren Betreuungsangebots.
… wenn die Erwerbsquote von Frauen auf das Niveau der Männer erhöht wird.
… wenn die Arbeitslosigkeit halbiert wird.
… wenn ausreichend qualifizierte Zuwanderung ermöglicht wird.
„Mit dem richtigen Maßnahmenmix lässt sich die Herausforderung einer sinkenden Erwerbsbevölkerung jedenfalls bewältigen“, ist Eder sicher.
Abschließend können die Lösungen für die aktuellen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt folgendermaßen zusammengefasst werden:
· Investitionen in Kinderbetreuung und in der Pflege, um Hürden zur Teilhabe an der Beschäftigung abzubauen. In beiden Bereichen ist die AK bereits selbst aktiv geworden. Gemeinsam mit der WK wurde vor einem Jahr ein Projekt zum Ausbau der betrieblichen Kinderbetreuung ins Leben gerufen. Im Pflegebereich hat die AK gemeinsam mit dem Land Salzburg und dem AMS Geld für zusätzliche Ausbildungsplätze und ein Stipendium in die Hand genommen.
· Umdenken bei den Betrieben, die sich seit Jahren darauf verlassen, dass jemand anderer aktiv wird (Land, AMS). Stattdessen sollten diese selbst verstärkt ausbilden.
· Leistbares Wohnen, damit der Wirtschaftsstandort Salzburg für die Ansiedlung von Fachkräften und deren Familien attraktiv wird.
Diese Seite wurde aktualisiert am: 26. Januar 2022