Frauen am steirischen Arbeitsmarkt: Rückblick 2020 - Ausblick 2021

Frauen sind die Leidtragenden der Coronakrise am steirischen Arbeitsmarkt: Im Vergleich zu Männern fiel der Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Frauen deutlich stärker aus. Aus diesem Grund legt das AMS Steiermark heuer im Rahmen der bundesweiten Corona-Joboffensive einen besonderen Fokus auf Aus- und Weiterbildungen für Frauen.


  • Veröffentlicht 04.03.2021
  • Bundesland Steiermark

"Frauen sind die Leidtragenden der Coronakrise am steirischen Arbeitsmarkt! In Relation ist ihre Arbeitslosigkeit im Vorjahr höher gestiegen als die der Männer. So mussten Frauen Arbeitsstunden reduzieren oder sich überhaupt vorübergehend aus dem Berufsleben zurückziehen, um sich stärker der Familie zu widmen. Das ist für Frauen jedoch deutlich in der Geldbörse spürbar – jetzt und später in der Pension. Aus diesem Grund will das AMS Steiermark heuer vor allem Frauen zahlreiche Angebote zur beruflichen Aus- und Weiterbildung ans Herz legen – um in spannende Arbeitsbereiche einsteigen zu können und so zu einer existenzsichernden Beschäftigung zu gelangen."

Mag.a Christina Lind, stv. Landesgeschäftsführerin AMS Steiermark

57.915 Frauen in der Steiermark waren 2020 zumindest einen Tag lang von Arbeitslosigkeit betroffen – um 9642 Frauen oder 20 Prozent mehr als im Vorjahr (48.273 Frauen). Die Anzahl der unselbstständig beschäftigten Frauen sank gegenüber dem Vorjahr auf 238.354 (2019: 243.160). Im Jahresschnitt stieg die Arbeitslosenquote der Frauen auf 8,3 Prozent – ein Zuwachs von 2,5 Prozentpunkten. Damit fiel der Anstieg stärker aus als bei Männern (+2,3 Prozentpunkte).

Corona trifft frauendominierte Branchen besonders hart!

Branchen, die von den Corona-Lockdowns am härtesten betroffen waren und sind, sind vorwiegend weiblich dominierte Branchen (Handel, Tourismus, Dienstleistungen). Dementsprechend sind die Auswirkungen für Frauen am Arbeitsmarkt deutlicher spürbar.

Die Arbeitslosigkeit stieg bei Frauen im Jahresdurchschnitt 2020 zu 2019 um 44,7 Prozent (Männer um 37,7%). Das führte zu einer Veränderung des Frauenanteils an der Arbeitslosigkeit von 43,9% im Jahr 2019 auf 45,1 Prozent im Jahr 2020.

Auch die aktuellen Zahlen für Februar 2021 lassen aufhorchen: Die Zahl der arbeitslosen Frauen (20.820) stieg im Vorjahresvergleich mit einem kräftigen Plus von 32,2 Prozent viel stärker an als die Zahl der arbeitslosen Männer mit 17,7 Prozent (29.647 Personen), obwohl Wintermonate zusätzlich von einer männerdominierten Saisonarbeitslosigkeit in der Baubranche beeinflusst werden.

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse

Teilzeit – Halbe Beschäftigung, doppelte Betroffenheit

Im Jahr 2019 war jede zweite unselbständig beschäftigte Frau in der Steiermark in Teilzeit tätig. Für 2020 liegen zwar noch keine Statistiken vor, aber coronabedingt dürften Frauen ihre Arbeitszeiten deutlich häufiger reduziert haben als Männer – eine Folge eingeschränkter Möglichkeiten zur Kinderbetreuung und familiärer Verpflichtungen wie der Pflege von Angehörigen. Daher ist für 2020 und in den Folgejahren ein wesentlicher Anstieg der Teilzeitquote von Frauen zu erwarten.

Die Auswirkungen auf das Lebenseinkommen sind jedoch nicht mehr aufzuholen, jedes Monat zählt, jede Arbeitsstunde. Jene Frauen, die jetzt die familiäre Versorgung absichern, werden letztendlich Einbußen bei ihren Pensionshöhen hinnehmen müssen. Sie sind somit doppelt betroffen!

Geringfügige Beschäftigung

Auswirkungen sind auch bei den prekären Beschäftigungsverhältnissen sichtbar: Nach Jahren des stetigen Anstiegs sank die Anzahl der geringfügig Beschäftigten um 4343 auf das Niveau von 2010 – davon waren 3167 Frauen (73 Prozent). Der Frauenanteil verringerte sich dadurch auf 61,7 Prozent.

Geringfügige und damit prekäre Beschäftigungsverhältnisse (unter 475,86 Euro brutto) bleiben also überwiegend weiblich – Dienstverhältnisse, von deren Einkommen niemand leben kann und die weder Zeiten der Arbeitslosigkeit absichern noch zur Pension beitragen.

Coronakrise bringt bestehende Ungleichstellung aufs Tapet

Frauen waren und sind durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie mehrdimensional und stets immens gefordert:

  • Besonders harte Bedingungen durch Arbeitsbelastung und gesundheitliche Gefährdung im Einzelhandel und im Pflegebereich – diese Berufsfelder beweisen zwar ihre Systemrelevanz, die Einkommenssituation blieb aber unbeeinflusst niedrig.
  • Care-Arbeit (Pflege von Kindern und sonstigen Angehörigen) ist zwar Familienangelegenheit, aber in Zeiten von Corona wandern diese Aufgaben in erster Linie wieder in den Verantwortungsbereich von Frauen – mit langfristigen Folgewirkungen (Karrierechancen, Einkommensverlust, Pensionshöhe, etc.).

Mit den arbeitsmarktpolitischen Frauenprogrammen wirkt das AMS der Schieflage am Arbeitsmarkt entgegen. Dazu gehören Frauenberufszentren, die Unterstützung beim Wiedereinstieg sowie das Programm „FiT – Frauen in Handwerk und Technik“.

Frauenberufszentren: Die Zentren für Ausbildungsmanagement (zam Steiermark) unterstützen bei beruflicher Neu- und Umorientierung, bieten aber auch vielfältige, nützliche Informationen auf dem Weg zum neuen Job in modulhaften Workshops an.

Wiedereinstieg: spezielle Unterstützung von Wiedereinsteigerinnen, um nach der Babypause beruflich wieder (durch) zu starten.

FiT: Durch das FiT-Programm haben bereits zahlreiche Frauen zu Berufen in handwerklichen und/oder technischen Bereichen gefunden und sind dabei sehr erfolgreich.

Herausfordernde Zeit für zam Steiermark

Das zam Steiermark (Zentren für Ausbildungsmanagement) bietet als Inhouse-Einrichtung des AMS Steiermark an elf Standorten flächendeckende Angebote für arbeitslos vorgemerkte Frauen – die Aktivitäten werden dabei auch aufgrund Finanzierung durch und in Kooperation mit dem Land Steiermark umgesetzt Damit ist das zam die richtige Anlaufstelle, wenn es um die Beratung oder Unterstützung bei der beruflichen Orientierung und schlussendlich um die Vorbereitung auf eine Aus-oder Weiterbildung geht.

2020 war auch für das zam eine außerordentlich herausfordernde Zeit, von deren erfolgreicher Bewältigung sich AMS-Kundinnen wie das AMS gleichermaßen begeistert zeigten. So wurden Kundinnen teilweise mit Leih-Laptops versorgt, um Kurse auch online abzuhalten zu können. „Die Pandemie-Situation hat die Gleichstellungsbewegung und damit ‚wieder einmal‘ die Frauen weit zurückgeworfen! Homeoffice und die Herausforderung, teilweise schon Zumutung, des Homeschooling traf ausschließlich Frauen. Eine ‚Retraditionalisierung‘ der Geschlechterrollen ist in vollem Gange, die Mehrfachbelastung verstärkt eingetreten. Dabei selbst ein Weiterbildungsangebot zu nutzen und den eigenen beruflichen Weg voranzuschreiten ist eine enorme Herausforderung für Frauen, verlangt noch mehr Mut, Durchhaltevermögen und Geduld. Unsere Beratungs- und Begleitungsangebote sind um ein Vielfaches gestiegen, damit wir Frauen gut in ihrer Motivation der Ausbildungen bestärken und sie gut durch die aktuelle Situation führen und begleiten können“, erklärt dazu zam-Geschäftsführerin Renate Frank.

Im Vorjahr wurden mehr als 3000 AMS-Kundinnen informiert, davon erhielten 2600 eine ausführliche, teils auch übers Telefon durchgeführte Beratung. 1200 Frauen nahmen an diversen Workshops teil und 246 wurden auf eine technisch-handwerkliche Ausbildung vorbereitet. Trotz Coronakrise gelang es dem zam dennoch, 510 Teilnehmerinnen auf dualem Ausbildungsweg in Kooperation mit Betrieben über Stiftungen arbeitsplatzadäquat zu qualifizieren. Davon absolvierten 110 Frauen eine technisch-handwerkliche Ausbildung mit mindestens Lehrabschlussprüfung.

Diese erfolgreiche Zusammenarbeit auf hohem, professionellen Niveau wird 2021 fortgesetzt und ausgebaut.

Ausblick auf das Jahr 2021

Weil es uns wichtig ist: Frauen haben uns durch die Krise getragen, nun sollen sie auch #weiterkommen!

Corona-Joboffensive des AMS Steiermark mit besonderem Fokus auf Frauen

Um die Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt langfristig zu verändern, bietet das AMS Steiermark 2021 gerade auch Frauen noch nie dagewesene Möglichkeiten zur Qualifizierung: So können und wollen wir vorgemerkten Kundinnen qualitativ hochwertige Schulungen in zukunftsträchtigen Branchen und Berufsfeldern wie Handwerk und Technik oder dem IT-Bereich ermöglichen. Neben dieser Förderung über die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungen werden Ausbildungskosten übernommen und besteht eine finanzielle Unterstützung während der Qualifizierung (ab einer bestimmten Dauer auch mit einem zusätzlichen Bildungsbonus).

Darüber hinaus gibt es in einzelnen Ausbildungsvarianten parallel zum Kursbesuch ein begleitendes Beratungsangebot. Unter bestimmten Voraussetzungen ist zudem auch eine finanzielle Unterstützung für erforderliche Kinderbetreuung in Form von Kinderbetreuungsbeihilfe möglich.

Corona-Joboffensive – Vielfältiges Angebot für Frauen (Auszug)

IT/Digitalisierung

  • Netzwerk- und Systemtechnik, IT-Systemadministration
  • Web Development, IT-Software-Entwicklung
  • Digital Transformation Manager_in, Datenschutzbeauftragte_r

Handwerk & Technik

  • Lehrausbildungen u.a. in Anlagen- und Betriebstechnik, Elektrotechnik Automatisierung, Mechatronik, Zerspanungstechnik, Maschinenbautechnik, Schweißtechnik, Stahlbautechnik, Metallbautechnik
  • Neu: Lehrausbildungen Elektro- und Gebäudetechnik, Gebäude- und Installationstechnik mit Schwerpunkt Heizungstechnik
  • Schweißen, CAD/CNC, CAM, Robotik

Umwelt

  • Vorbereitung Holztechnik, Energietechnik, E-Mobilität/Fahrradmechatronik
  • Kreislauf-/Nachhaltigkeitsmanagement, Lean & Green Management

Pflege/Gesundheit

  • Pflegeassistenz und Heimhilfe –Landespflegeschulen und Pflegestiftung mit Land Steiermark
  • Betriebliches Gesundheitsmanagement

Büro & Management

  • Marketing, Medien- & Printdesign, Social Media Manager_in
  • SAP-Ausbildungen: Buchhaltung, Controlling, Personalwesen, Logistik
  • Projektmanagement, Sales Management, Controlling

Reinigung mit System

Ausbildungen in Küche & Service

Fortgesetzt wird 2021 auch die überaus erfolgreiche Kooperation mit der FH JOANNEUM in Graz und Kapfenberg: Als Teil des FiT-Programms wird engagierten Frauen – bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen – die Teilnahme an einem technischen Bachelorstudium ermöglicht. Zehn Frauen des zweiten FiT-Jahrgangs 2017 konnten kürzlich ihr Studium beenden. Im Herbst 2021 geht das Programm mit zehn teilnehmenden FH-Studiengängen in die nächste Runde.

Wir nutzen unsere erfolgreichen Kooperationen mit steirischen Betrieben und Institutionen! Gemeinsam mit unseren verlässlichen Partner_innen wollen wir uns 2021 ganz besonders für Frauen stark machen:

Damit Frauen gestärkt aus dieser Krise herausgehen!

 

Diese Seite wurde aktualisiert am: 04. März 2021