34 Jahre bis zur Gleichstellung – das dauert zu lange!


  • Veröffentlicht 08.03.2024
  • Bundesland Österreichweit

Mehr Geschwindigkeit für Gleichstellung von Frau und Mann am Arbeitsmarkt gefordert

  • Gleichstellung geht zu langsam
  • Bei Familie, Arbeitszeit und Einkommen größter Abstand
  • AMS Frauenförderprogramm

„Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dann dauert es noch 34 Jahre bis Frauen den Männern am Arbeitsmarkt gleichgestellt sind. Das ist eindeutig nicht zu akzeptieren“, sagte heute AMS-Vorständin Petra Draxl anlässlich des bevorstehenden Internationalen Weltfrauentages. Von vier Faktoren, die die Gleichstellung am Arbeitsmarkt abbilden, haben Frauen nur bei der Bildung die Nase vorne. Bei den restlichen drei Faktoren – Familie, Arbeitszeit und Gehalt – liegen die Werte von Frauen zum Teil deutlich hinter den Männern.

Gleichstellungsindex für den Arbeitsmarkt

Das AMS lässt in regelmäßigen Abständen in der Studie „Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt“ das Gleichstellungspotenzial am österreichischen Arbeitsmarkt erheben. Hierbei werden die Entwicklungen in den Themenfeldern Arbeit, Einkommen, Familie und Bildung anhand von 30 Indikatoren berechnet. Als Vergleichswert gelten Männer mit 100 Prozent. Erst wenn Frauen 100 Prozent in einem Bereich erreichen, entspricht das einer faktischen Gleichstellung zwischen Frauen und Männern.

In den letzten neun Jahren hat sich die Position von Frauen am Arbeitsmarkt lediglich um sechs Prozent verbessert: von 70 Prozent im Jahr 2015 auf 76 Prozent in 2023. „Die Gleichstellung am Arbeitsmarkt steigt also laut Gleichstellungsindex durchschnittlich lediglich um 0,7 Prozentpunkte pro Jahr“, rechnet der AMS-Vorstandsvorsitzender Johannes Kopf vor. „Hier muss eindeutig mehr Geschwindigkeit aufgenommen werden.“

Bei Familie, Arbeitszeit und Einkommen größter Abstand

Während Frauen durchschnittlich zwischen 18 und 24 Monate in Karenz verbringen, geht nur ein Prozent der Väter mindestens sechs Monate in Karenz. Die Familiengründung erweist sich daher für Frauen als besonders nachteilig. Zusätzlich reduzieren Frauen nach der Karenz viel häufiger als Männer ihre Arbeitszeit und gehen in Teilzeit. Das führt wiederum dazu, dass Frauen nach der Karenz nicht mehr in dieselbe Funktion einsteigen, was sich ebenfalls auf den weiteren Berufsweg sowie auf das Lebenseinkommen negativ auswirkt. In der Folge erreichen Frauen im Gleichstellungsindex im Bereich Familie mit 38 Prozent den niedersten Wert.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Themen Arbeitszeit und Leitungsfunktionen. Derzeit befinden sich 51 Prozent der Frauen und 74 Prozent der Mütter in einer Teilzeitbeschäftigung. Bei den Männern gibt es den umgekehrten Effekt. 13 Prozent aller Männer, aber nur acht Prozent der Väter arbeiten laut Statistik Austria Teilzeit. „Interessant in diesem Zusammenhang, dass nur 27 Prozent der Frauen angeben, sich freiwillig für Teilzeit entschieden zu haben“, so Petra Draxl.

Zudem bleibt die vertikale Segregation in Österreich konstant: Aktuell befinden sich 17,7 Prozent der unselbstständig beschäftigten Frauen in einer Leitungsfunktion, bei den Männern sind es hingegen 30 Prozent.

Laut der aktuellen Zeitverwendungsstudie der Statistik Austria zeigt sich, dass Frauen sogar dann mehr Hausarbeit leisten, wenn ihr Erwerbsausmaß höher ist als jenes ihrer männlichen Partner. Sind Frauen im selben Ausmaß erwerbstätig wie Männer, tragen sie sogar 64 Prozent der unbezahlten Hausarbeit und Kinderbetreuung. Ihre Partner nur 36 Prozent. Aber es ist nicht nur die Kinderbetreuung: Frauen – auch ohne Kinder – übernehmen mit 3,32 Stunden pro Tag wesentlich mehr unbezahlte Arbeit als Männer (2,14 h/Tag). „Gleichberechtigung muss als schon in der Partnerschaft beginnen und darf nicht nur eine Lenkungsaufgabe des Staates sein“, macht Draxl aufmerksam.

Gender Pay Gap

Der dritte Punkt, bei dem Frauen deutlich schlechter abschneiden als Männer, ist die Bezahlung, denn Frauen bekommen über ihre gesamte Erwerbsbiografie deutlich niedrigere Einkommen als Männer. Beim Berufseintritt beträgt der Gender Pay Gap bereits durchschnittlich zwei Euro pro Stunde und steigt im Alter von 60 Jahren auf sechs Euro pro Stunde an. Dieser Unterschied zeigt sich auch im Gleichstellungsindex, nach dem Frauen im Schnitt nur 77 Prozent eines Männergehalts verdienen.

Frauen bei Bildung führend

Bei der Bildung kehrt sich das Bild um: Hier verfügen Frauen über eine höhere Reifeprüfungsquote, eine stärkere Weiterbildungsaffinität und höhere Anteile im tertiären Bildungsbereich. Der Gleichstellungsindex liegt im Bildungsbereich bei 136 Prozent, also bringen Frauen durchschnittlich bereits ein wesentlich größeres Bildungskapital mit als Männer. „Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass Frauen am Arbeitsmarkt nicht gleichbehandelt werden, denn trotz besserer und höherer Bildung gelingt es ihnen nicht, die anderen Benachteiligungen wettzumachen“, verweist Johannes Kopf auf einen weiteren Missstand.

Forderungen für Frauen

Um die Chancen für Frauen am Arbeitsmarkt rasch anzuheben, fordert das AMS, folgende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen rasch umzusetzen:

  • Kinderbetreuungseinrichtungen in ganz Österreich so umgestalten, dass diese mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar sind.
  • Führen in Teilzeit muss in Betrieben forciert werden, damit Frauen die Möglichkeit bekommen, trotz Betreuungspflichten entsprechend ihrer Ausbildung und Fähigkeiten eingesetzt zu werden.
  • Karenzmodelle ausweiten, die Vätern eine echte Teilhabe bei der Sorgearbeit ermöglichen.

Arbeitsmarktpolitisches Frauenprogramm des AMS

Das AMS bekämpft aktiv die Schieflage am österreichischen Arbeitsmarkt, um die Situation für Frauen zu verbessern. Um Frauen speziell zu fördern, werden vier Prozent der Fördermittel mehr an Frauen ausgeschüttet, als der Frauenanteil an der jährlichen Arbeitslosenrate beträgt. Das AMS setzt zudem zahlreiche aktive Maßnahmen zur Frauenförderung:

Die Frauenberufszentren

Die Frauenberufszentren sind ein österreichweites Beratungs- und Berufsorientierungsangebot, in dem Frauen maßgeschneidert an ihrer beruflichen Laufbahn arbeiten können. Zum Angebot der Frauenförderung gehören berufliche Orientierung, Kompetenzerhebung, Karriereplanung, Qualifizierung und Unterstützung bei der Jobsuche.

Wiedereinstieg unterstützen

Eine spezielle Beratung für Menschen, die nach einer meist längeren familienbedingten Unterbrechung wieder am Arbeitsmarkt Fuß fassen wollen. Speziell für Frauen gibt es den Kurs „Wiedereinstieg mit Zukunft“, der bereits während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld besucht werden kann.

Frauen in Handwerk und Technik

Das FiT-Programm des AMS ist ein Bildungsprogramm speziell für Frauen, die sich für einen technischen und/oder handwerklichen Beruf interessieren. Mit diesem Qualifizierungsprogramm, das besonderen Wert auf die durchgehende Unterstützung und Beratung der Kundinnen legt, trägt das AMS dazu bei, die geschlechtsspezifische Teilung am Arbeitsmarkt in schlecht bezahlte Frauenbranchen und besser bezahlte Männerbranchen aufzubrechen.

Download der Studie „Gleichstellungsindex Arbeitsmarkt“

Rückfragen richten Sie bitte an:
Gregor Bitschnau, Pressesprecher
Mobil: +43 664 781 34 703
xivxfi.szkjtyerl@ams.at

Diese Seite wurde aktualisiert am: 08. März 2024